Idiopathische Angst und Scheue bei Greyhounds


Idiopathische Angst und Scheue bei Greyhounds

Einer der wichtigsten Aspekte bei der Arbeit in großen Greyhoundpopulation, die für Rennen genutzt werden, ist die Beobachtung der Interaktionen zwischen den Hunden und der Dynamik innerhalb des Rudel.
Greyhounds sind immer schon Rudeltiere gewesen. Nicht nur zu früheren Zeiten, auch bis zum heutigen Tag. Früher wurde mit ihnen in Gruppen gejagt und Coursings veranstaltet, heutzutage laufen sie bei Rennen in Gruppen.


Es wird heutzutage viel über Rudeldynamik und Interaktionen zwischen den Hunden diskutiert, die auf Studien an Wölfen basieren.
Greyhounds sind keine Wölfe und jeder, der mit Greyhoundgruppen gearbeitet hat, würde die Schlussfolgerungen aus diesen Studien zumindest in Zweifel ziehen.

Greyhounds bleiben sehr viel länger bei ihren Müttern als die meisten - wenn nicht sogar am Längsten von allen - Rassen und beginnen daher ihre Sozialisierung in ihren eigenen Familieneinheiten.
Innerhalb dieser Einheiten entsteht so eine Rangordnung.
Gewöhnlich gibt es ein dominantes und abhängig von der Art und Größe des Wurfes, ein weibliches und auch ein männliches Alphatier. Oftmals sind dies auch diejenigen, die das Spiel dominieren.
Die Alphatiere sind nicht immer die besten Athleten oder die Schnellsten im Wurf, sie scheinen häufig etwas unnahbar, besonders wenn sie ausgewachsen sind.
Ab und an begegnet man Individuen die erkennbar „über den Dingen“ stehen und trotzdem sehr aufmerksam sind, sie scheinen etwas distanziert.
Manchmal stechen sie als überdurchschnittliche Athleten auf der Rennbahn heraus.

Besonders spannend wird es, wenn die kleinen Rudel dann in die Größeren aus dem Kennel integriert werden, entweder auf der Bahn oder dem Gelände des Züchters.
Es ist einfach faszinierend zu sehen, wie sie sich in die Gruppe einfinden und die Dynamik, die daraus entsteht.
Manchmal kommt es zu Schwierigkeiten, wenn zukünftige auf bestehende Alphatiere treffen.

Man sollte in der Lage sein, die Körpersprache der Hunde zu lesen und sofort erkennen wenn es zu Problemen im Rudelgefüge kommt.
Und die Alphas sind nicht die Einzigen, die Aufmerksamkeit benötigen.
Betas, die viel weniger herausstechen, müssen ebenfalls gut beobachtet werden, da sie die Harmonie in der Gruppe stören können. Auch wenn sie nicht dominant sind fordern sie teilweise regelrecht Korrekturen durch die anderen heraus.
Greyhounds, die am Ende der Rangfolge stehen, werden als Omegas bezeichnet.
Sie sind oft zart besaitet, nervös, schüchtern, in sich gekehrt und unterwürfig. Sie orientieren sich stark an den anderen.

Manchmal ergibt sich aus dieser Mentalität des „Folgens“ ein Rennhund, der die Gruppe überhaupt nicht anführen möchte.
Deutlich häufiger führt diese Omega Persönlichkeit zu einem nicht so selbstbewussten Hund, der ein wenig introvertiert ist. Wir nennen diesen Typ für gewöhnlich ein wenig „empfindlich“ oder „hektisch“. Wenn sie auf der Rennbahn sind können sie sich aber durchaus auch anders zeigen.

Mitunter werden diese Hunde von Adoptanten fehlinterpretiert, da sie von deren Verhalten auf zu wenig Aufmerksamkeit oder eine zu grobe Behandlung folgern. Auch eine mangelnde Sozialisierung wird häufig angeführt. In manchen Fällen mag das durchaus zutreffen.
Wahrscheinlicher ist es allerdings, dass deren von Natur aus nervöses Temperament und das mangelnde Selbstbewusstsein daher kommt, dass es für die Hunde eine große Herausforderung ist von ihren Racing-Kennels in ein häusliches Umfeld zu wechseln, in dem sie mit allen möglichen neuen Situationen und Objekten konfrontiert werden.
Erfahrene und empathische Hundebesitzer sind mit diesen Hunden, denen man häufiger begegnet als den Alpha-Typen, geduldig und führen sie langsam an ihr neues Leben heran.

Das funktioniert sehr gut, wie wir wissen, und Greyhounds von der Bahn sind äußerst beliebt als Haustiere. Sogar die schüchternen und empfindsamen Typen finden ein gutes neues Zuhause.

Man sollte sich jedoch immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass Greyhounds äußerst reaktionsschnell sind, wenn sie etwas in ihrem Blickfeld haben. Und dieses Blickfeld umfasst immerhin 270 Grad.
Sie sind Jäger und leidenschaftliche Läufer und das seit tausenden von Jahren.
Sie registrieren die kleinsten Veränderungen und reagieren darauf. Alles Neue kann sie sehr stark beunruhigen.

Eines der größten Rätsel der Greyhound-Welt (und der Hunde-Welt im Gesamten) ist das sogenannte „Spook“ Phänomen.
Leider gibt es nur wenige Informationen über diese Anomalie.
„Spooks“ sind Greyhounds, die pathologisch ängstlich auf jeden und alles reagieren mit dem sie nicht vertraut sind. Sie sind hochgradig panisch bei allem, was ihnen neu ist.
„Spooks“ haben genetische Ursachen.
Viele große und einflussreiche Greyhounds mit Ahnentafeln waren „Spooks“.
Westy Whizzer, Representation und Unruly waren drei Greyhounds, die enormen Einfluss auf die Rasse hatten und nachgewiesenermaßen „Spooks“ - so wie sie welche waren - hervorbrachten.
„Spooks“, die zur Zucht eingesetzt werden, haben einen höheren Prozentsatz auch Nachkommen zu haben, die „Spooks“ werden. Es gibt allerdings auch welche, die diese Anomalie nicht weitervererbt haben.

Alle Hunde entwickeln eine natürlichen Angstreaktion im Alter von ca. 8 bis 12 Monaten.
Aus Gründen, die wir bisher noch nicht kennen, entwickelt sich dieser natürlich Kämpfen-oder-Flüchten Instinkt in eine falsche Richtung und der Hund wird panisch und introvertiert.
Jedem, der einmal einen „Spook“ Wurf großgezogen hat - und ich habe das - bricht das Herz wenn man sieht, wie sich dieses Phänomen entwickelt und man machtlos und ohne Lösungsansatz zusehen muss.
Einige erfahrene Beobachter sind der Meinung, dass dieses „Spook“-Phänomen eine Art von kaninem Autismus ist.

Gemäß der PetMD:�„Grundlegene Angst und Zurückhaltung ungeklärter Herkunft (so genannte idiopathische Angst und Zurückhaltung) wurde bei folgenden Rassen festgestellt: Sibirischer Husky, Deutsch Kurzhaar, Chesapeake Bay Retriever, Berner Sennen Hund, Pyrinäen Berghund, Border Collie und Königspudel. Es scheint einen großen familiären Zusammenhang zugeben und eine große Wahrscheinlichkeit für genetische Einflüsse.“

Während sich der Renn-Greyhound mit diesem Syndrom in seiner gewohnten Umgebung und mit den ihm vertrauten Menschen komplett normal verhält, zieht er sich sofort zurück und reagiert panisch, wenn neue Menschen hinzukommen oder er sich in einer für ihn vollkommen neuen Situation wiederfindet.
Daher sind diese Hunde natürlich eine große Herausforderung für Adoptanten. Diese Hunde sollten an Halter vermittelt werden, die Erfahrung haben, Empathie, Zeit und Geduld besitzen, um mit dieser ungewöhnlichen Störung zurecht zu kommen.
Das sind nicht einfach nur schüchterne, empfindsame, hektische oder nervöse Omega-Typen.
In der Tat kannte ich tatsächlich eine weibliche Spook-Hündin in einem Racing-Kennel, die das Alpha-Weibchen war.
Die Angst und Panik kann etwas abgemildert werden, wenn diese Hunde in kleine Rudel integriert werden oder zu Menschen kommen, die schon einen ausgeglichenen und selbstbewussten Greyhound haben.
Unnötig zu sagen, dass sich die Zeit und Energie, die man benötigt um sich die Liebe eines „Spooks“ zu erarbeiten, auf jeden Fall lohnt.
Was dabei hilft, ist die Einführung einer genauen und verlässlichen Routine und alles Neue so weit es geht fernzuhalten.
Wenn man ihr Vertrauen hat, werden sie einem überallhin folgen.
Es scheint fast als ob sie sich selbst blockieren bis man diese Mauer, die sie um sich aufgebaut haben, durchbrechen kann und dann ihre volle Liebe und Aufmerksamkeit erhält.

copyright, 2016
Autor: D.McKeon Facebbok

Übersetzt von B.Kalmbach fürs Greyhoundforum!

http://info-hz.de/greyhound/viewtopic.php?f=133&t=9610

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